Use Cases Daten nutzen – Aus der Praxis der Sekundärforschenden
Wie verbreitet Sekundärforschung ist, variiert stark zwischen den einzelnen Disziplinen und Forschungsfeldern. Während es in manchen Bereichen Standard ist, wird es in anderen kaum praktiziert. Insbesondere die Sekundärforschung mit Daten jenseits der großen Large-Scale-Surveys oder Large-Scale-Assessments ist noch wenig verbreitet. Lesen Sie hier Interviews mit Forschenden, die mit bereits vorhandenen Daten geforscht haben und von ihren Erfahrungen berichten.

Forschen mit Datenbestände aus sechs ethnografischen Studien
Prof. Dr. Ingrid Piller untersuchte die gelebte Erfahrung des Sprachenlernens von Migrant*innen und kombinierte dazu Datenbestände aus sechs seperaten ethnographischen Studien. Sie hat die angewandten Sprachwissenschaften mit ihrer Forschung zu sprachlicher Diversität und interkultureller Kommunikation nachhaltig geprägt und hat seit Januar 2025 eine Humboldt-Professur an der Universität Hamburg zur Erforschung der sprachlichen Vielfalt und sozialen Teilhabe inne.

Mit Videoaufzeichnungen aus der VERA-Studie forschen
Wie Dr. Ulrike Hartmann (DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation) die Videoaufzeichnungen aus der “VERA-Studie: Gute Unterrichtspraxis” für eine Studie zur Leseförderung im Grundschulunterricht eingesetzt hat, berichtet sie im Interview mit Christine Schumann (DIPF). Es sei nicht ganz einfach gewesen, an Videomaterial zu kommen, das auch noch genau zum eigenen Untersuchungsgegenstand passt, so Dr. Ulrike Hartmann, die sich über die im FDZ Bildung aufbereiteten Videodaten freut.

Forschungsinstrumente aus der "Drei-Länder-Studie" für eine Disseration
Im Rahmen ihrer Dissertation hat Julia Dohrmann (DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation) mit dem Datensatz der „Drei-Länder-Studie“ von der Forschungsgruppe um Prof. Helmut Fend aus den Jahren 1978/79 gearbeitet. Im Interview erzählt sie, wie sie sich dabei auf die Skalen konzentriert hat, die sich mit Überzeugungen von Lehrkräften befassen – insbesondere ihre Einstellung zu Förderung und Disziplin und ihre Reformbereitschaft – und wie diese Überzeugungen mit dem Unterricht und Schüleroutcomes zusammenhängen. Ihre Doktorarbeit ist Teil der ersten Studie des Projekts „Schule im Wandel“, bei der die Daten der Drei-Länder-Studie nach heutigen methodischen Standards und aktuellen theoretischen Bezügen reanalysiert werden.

Datenbestand des APAEK-Fallarchivs für Dissertationsprojekt
Dr. Thomas Wenzl (Leibniz Universität Hannover, Institut für Erziehungswissenschaft) griff im Rahmen seiner Dissertation auf den Datenbestand des APAEK-Fallarchivs der Goethe-Universität in Frankfurt/Main zurück. In seiner Arbeit beschäftigte er sich mit der Frage, wie sich die Interaktionsstrukturen im schulischen Unterricht im Laufe der Schulzeit entwickeln haben. Diese Frage untersuchte er auch im Rahmen einer Folgestudie für den englischsprachigen Raum. Die Daten dafür erhob er allerdings selbst. Das bereits erhobene Material hätte zwar gepasst, war aber nicht für die Sekundäranalyse zugänglich. Dr. Thomas Wenzl erklärt im Interview auch, warum die Forschungsmethode der Objektiven Hermeneutik so gut für die Nachnutzung geeignet ist und welches Wissenschaftsverständnis den allgemeinen Erkenntnisgewinn behindert.
Bildquellen: @fotorismus (Dr. Ulrike Hartmann), @Christine Schumann/DIPF (Dr. Julia Dohrmann), @privat (Dr. Thomas Wenzl)